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03F01 FAQ zur ISO 9001

In diesem Beitrag beantwortet der Herausgeber des Werkes „Qualitätsmanagement in Dienstleistungsunternehmen” häufig gestellte Fragen rund um das Thema ISO 9001:2015.
Bei den Antworten handelt sich um persönliche Einschätzungen – nicht um eine offizielle Stellungnahme.
Falls Sie Fragen haben, schreiben Sie uns:uwe.lingscheid@de.tuv.com
von:

1 QM-Beauftragter

Die Revision 2015 der ISO 9001 fordert keinen QM-Beauftragten mehr. Wird unser QMB dadurch arbeitslos?
Damit ist nicht zu rechnen. Zumindest kann das nicht aus der ISO 9001:2015 abgeleitet werden. Die Oberste Leitung wird z. B. in Normkapitel 5.1.1 in die Pflicht genommen sicherzustellen, dass die für das Qualitätsmanagementsystem erforderlichen Ressourcen zur Verfügung stehen. Es sollen Personen eingesetzt, angeleitet und unterstützt werden, damit diese zur Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems beitragen. Die Oberste Leitung der Organisation muss die Verpflichtung übernehmen ein wirksames QMS sicherzustellen und zu fördern. Nun könnte man argumentieren, damit sei die eine, zentrale Funktion eines QMB entfallen und die Aufgabe (Wirksamkeit des QMS) solle auf mehrere Personen verteilt werden. Dies wird aber mehr durch die Größe der Organisation beeinflusst als durch eine Formulierung in der Norm. Auch Normkapitel 5.3 „Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse in der Organisation” macht deutlich, welche Fülle von Aufgaben (a–e) als erforderlich angesehen wird, um die Wirksamkeit des QMS aufrechtzuerhalten. Die Oberste Leitung der Organisation muss Verantwortlichkeiten und Befugnisse zuweisen. Ob eine oder mehrere kompetente Personen (siehe Normkapitel 7.2) dafür notwendig sind, hängt wiederum von der Größe und Komplexität der Organisation ab. Ob z. B. die künftig für „das Berichten über die Leistung des QMS…” (Normkapitel 5.3c) zuständige Person dann QMB heißt oder anders, ist mehr eine Frage künftiger Sprachregelungen und weniger der hierarchischen Eingruppierungen. Das in Normkapitel 7.2 beschriebene Thema der Kompetenzbestimmung für Personen, die die Leistung und Wirksamkeit des QMS beeinflussen, ist zwar nicht neu, wird aber die bisherigen Weiterbildungs- Lehrgänge, z. B. zum QMB, Q-Manager, Q-Auditor usw. beeinflussen. Möglicherweise kommt ja ein „Q-Prozessbewerter” (Normkapitel 5.3b) oder „Förderer der Kundenorientierung” (Normkapitel 5.3d) hinzu. Unabhängig von der Frage, ob die Aufgaben im Qualitätsmanagement im Sog der Revision 2015 weiter differenziert werden, wird der Bedarf an kompetenten Fachleuten des Qualitätsmanagements eher größer als geringer werden.

2 GAP-Analyse

Häufig wird nach einer Checkliste für eine GAP-Analyse nach ISO 9001 gefragt. Bei dieser Formulierung bleibt aber unklar, ob der Fragende nach einem Vergleich zwischen den beiden Versionen 9001:2008 und 9001:2015 sucht (Lücken-Analyse) oder ob er eine Fragenliste (Checkliste) für die Durchführung eines internen Audits meint.
Für den Vergleich der Anforderungen mit dem Schwerpunkt auf den neuen Forderungen der Version 9001:2015 weisen einige akkreditierte Zertifizierungsunternehmen (certification bodies) auf ihren Webseiten auf entsprechende Broschüren, aber auch auf Schulungen hin – unter anderem auch der TÜV Rheinland (www.tuv.com). So gerüstet und gegebenenfalls auch trainiert, lassen sich der Handlungsbedarf für die erforderliche Weiterentwicklung des QM-Systems ermitteln und die geeigneten Projektschritte zur Umsetzung festlegen.
Im zweiten Fall, der Nutzung einer Fragenliste für ein internes Audit, prüft man sinnvollerweise gegen den aktuellen Standard, also gegen die Norm ISO 9001:2015. Auch dazu gibt es ein breites Angebot an Informationsschriften und Audit-Checklisten verschiedenster Institutionen wie Beratungsunternehmen und Weiterbildungsinstituten. Diese vorgefertigten Checklisten sind in der Regel sehr an der Normsprache orientiert und umfassen die Standardfragestellungen, wie sie für viele Unternehmen passen. Ein Beispiel zum Managen von Risiken soll das Problem deutlich machen.
Die für alle Unternehmen passende Standardfragestellung lautet: Werden Risiken in Ihrem Unternehmen systematisch erfasst? Ist die Verantwortung dafür eindeutig zugeordnet? Gibt es für die Risikoermittlung und das Risikomanagement einen definierten Prozess? Eine spezifische Frageliste für ein bestimmtes Unternehmen würde dagegen mehr in die Tiefe gehen müssen. Fragen könnten z. B. lauten: Nach welchen Kriterien wird der Turnus zur Risikobewertung festgelegt? Ist der „Risikobeauftragte” entsprechend qualifiziert? Werden auch unwahrscheinliche, aber existenzbedrohende Risiken erfasst?
Auch wenn die Nutzung einer allgemein verfügbaren Frageliste für interne Audits nach ISO 9001:2015 eine Arbeitserleichterung darstellt, sollte man den schrittweisen Erkenntnisgewinn einer selbst erarbeiteten Frageliste nicht zu gering schätzen. Diese sollte im Übrigen von Audit zu Audit neue Schwerpunkte aufweisen.

3 Lieferantenzertifizierung

Müssen Lieferanten zertifiziert sein?
Die Frage – aus dem Englischen frei übersetzt: Wenn eine Firma laut Kundenvereinbarung verpflichtet ist, gemäß ISO 9001 zu liefern, müssen dann auch die Vormaterial-Lieferanten ISO 9001 haben? Oder ist die Zertifizierung der Firma ausreichend?
Die Formulierung der Frage weist auf eine weit verbreitete Fehldeutung der ISO 9001 hin. Diese ISO-Norm ist kein Produktstandard, nach dem „geliefert” wird, sondern eine Anforderung an das Qualitätsmanagementsystem einer Organisation. Die Frage müsste also korrekterweise lauten:
„Wenn eine Firma laut Kundenvereinbarung verpflichtet ist, gemäß ISO 9001 zertifiziert zu sein, müssen dann ...”
Die ISO 9001 enthält keine Vorgabe, dass Lieferanten eines zertifizierten Unternehmens ebenfalls zertifiziert sein müssen. Allerdings ist unter Normkapitel 8.4 die Steuerung von extern bereitgestellten Prozessen, Produkten und Dienstleistungen beschrieben. Normkapitel 8.4.1 fordert: „Die Organisation muss sicherstellen, dass extern bereitgestellte Prozesse, Produkte und Dienstleistungen den Anforderungen entsprechen.” In erster Linie ist also die Organisation (hier „die Firma”) in der Verpflichtung, die Anforderungen, ggf. unterschiedlich nach der Bedeutung der „Vormaterialien” für das Endprodukt, festzulegen und mit den Lieferanten zu vereinbaren. Bei besonders exponierten oder sicherheitsrelevanten Vormaterialien fordert häufig auch der Kunde die ISO-9001-Zertifizierung für diese Lieferanten von seinem Auftragnehmer (hier „die Firma”).
Jenseits aller formalen Betrachtungen aber erleichtert die vorhandene ISO-9001-Zertifizierung von Lieferanten sowohl in der Entwicklungsphase als auch in der Produktions- und Feldphase die Nachweisfähigkeit, eine geforderte Qualität erbracht zu haben. Dies kann durchaus als Empfehlung verstanden werden, von den wesentlichen Lieferanten eine ISO-9001-Zertifizierung zu fordern.

4 Wie sollte ein quartalsweiser Qualitätskennzahlenbericht aufgebaut sein?

Wie sollte ein quartalsweiser Qualitätskennzahlenbericht aufgebaut sein?
Der Fragesteller hat leider offen gelassen, ob und ggf. welche Q-Kennzahlen schon erhoben werden. Geht es um Produkte oder/und um Dienstleistungen? An wen wird der Bericht im Unternehmen adressiert, z. B. an Q-Manager oder an die Oberste Leitungsebene/Vorstand? Ist es ein Unternehmen mit funktionierendem CAQ-System, das kontinuierlich (in-process) relevante Daten von Prozessen, Maschinen und Prüfergebnisse aus verschiedenen Fertigungsschritten aufzeichnet, dann ist die Frage nach der Aufbereitung und Verdichtung von Daten wahrscheinlich ein zentraler Punkt.
Werden dagegen nur Abweichungen vom definierten Sollzustand, z. B. in der Eingangskontrolle oder Ausschuss und Nacharbeit während der Fertigungsschritte erfasst, so lautet die Frage eher: Welche Q-Kennzahlen fehlen noch, um einen aussagefähigen Bericht zu erstellen. Werden beispielsweise Prozessabweichungen erfasst und dokumentiert, auch wenn nicht unmittelbar Fehler erkennbar sind? So kann die unterlassene Risikoprüfung bei der Verwendung von Produkten in unterschiedlichen Märkten während der Designphase erst Jahre später ursächlich sein für das Versagen der Produkte beim Anwender. Die klassischen Q-Kennzahlen, wie Bewertungen aus dem Feld, Kundenbefragungsergebnisse, Reklamationsquote und deren Differenzierung u. a. m. kann man in der Regel zusammenführen und ggf. zu einem Kundenzufriedenheitswert gewichten. Weitere Q-Kennzahlen betreffen die Prozesse und deren Durchlaufzeiten, Erfüllungsgrade, Liegezeiten, Rückweisungsquote u. v. m., womit die Abweichung vom Sollzustand, in diesem Fall gegenüber den Vorgaben aus dem QM-System, beschrieben wird. Viele Unternehmen erfassen alle diese Q-Kennzahlen mit mehr oder weniger Aufwand regelmäßig, kontinuierlich oder täglich. Auf der Arbeitsebene, z. B. in der Produktion und im QM werden sie wöchentlich besprochen und ggf. Maßnahmen verabschiedet, in besonderen Fällen auch ad-hoc.
Ein quartalsweiser Q-Bericht ist sinnvoll, um Geschäftsführung/Bereichsvorstand häufiger als in dem jährlichen internen Audit über Trends in der Qualitätsperformance zu informieren. Die 3 bis 5 Top-Kennzahlen in dem Q-Bericht sollten aus der Verdichtung der für das Unternehmen wesentlichen Kennzahlen resultieren, z. B. Q bei Auslieferung, Q im Feld, Q bei Kernprozess XY, Einhaltung Quality Gates. Die vorgeschriebenen Prüfpunkte und Freigabeprozeduren der Quality Gates (Rot-, Gelb- oder Grün-Einstufung) involvieren die Führungskräfte der entsprechenden Prozesse, z. B. Produktentwicklung, z. B. Aufbau einer neuen Fertigungslinie in regelmäßigen Zeitabständen. Der Bericht für die Oberste Leitung als nicht unmittelbar ins Projekt involviert muss auf der nächsten Ebene die Top-Kennzahlen durch Statistiken, Schaubilder und weitere Fakten untermauern und nachvollziehbar machen.

5 Benötigtes Wissen

Wie kann ich als zuständiger Projektleiter das von unserer „Organisation benötigte Wissen bestimmen”, wie die ISO 9001:2015 es vorschreibt?
Auf diese komplexe Frage gibt es keine einfache, allgemeingültige Antwort. Hier der Versuch, über wesentliche Wissensquellen und ggf. auch Risikoursachen einer Antwort näherzukommen.
Eine Wissensquelle stellen die Informationen über die Produkte oder Dienstleistungen aus dem Feld dar. Die Erfahrungen von Nutzern, die Ergebnisse von Testlaboren bzw. von mystery shopping (auch zum Bewerten von Dienstleistungen) sind wertvolle Quellen, ob in schriftlicher Form oder on-line aus dem Internet, die u. U. aus Informationen Wissen generieren. Die Prüfung der Quelle und der dahinterstehenden Kompetenz und Seriosität ist eine weitere wichtige Voraussetzung für die Bewertung. Auch die Forschungsinstitute an Hochschulen oder von Industrieverbänden können, sofern in dem Arbeitsbereich der betreffenden Organisation tätig, interessantes Wissen bieten. Es bleibt aber die bedeutende Aufgabe, z. B. für den o. g. Projektleiter dieses ungeheure Angebot an Wissen zu kategorisieren und dann in Bezug auf das „benötigte Wissen” zu bewerten.
Eine weitere bedeutende Wissensquelle ist das in der Organisation vorhandene Wissen.
In verschiedenen Datenbanken sind – oft noch unstrukturiert – Informationen vorhanden, die in geeigneter Form analysiert und strukturiert in Wissen überführt werden können. Am Beispiel der Wareneingangskontrolle sei das deutlich gemacht: Die gemessenen Werte mit Soll-Ist-Vergleich und ggf. Abweichungsursachen oder weitergehenden Maßnahmen werden fortlaufend dokumentiert.
Aus der Summe der Einzelbeurteilungen der Lieferanten entsteht ein Ranking, wonach bevorzugte Lieferanten (hohe, gleichbleibende Qualität), gute Lieferanten (Schwankungen, aber besser als die Annahmekriterien) und Lieferanten mit Potenzial (teilw. unterhalb der Annahmekriterien, aber mit guter Q-Struktur) definiert werden.
Aus den Abweichungsursachen und weitergehenden Maßnahmen lässt sich weiteres Wissen aggregieren, z. B. durch Ursachencluster nach der 5M-Methode, um Erkenntnisse zu Werkstoff- oder Verarbeitungsproblemen auch verfügbar zu machen und Wiederholungen zu vermeiden.
Darüber hinaus das Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter. Eine oft genutzte Möglichkeit ist, die Fähigkeiten, Erfahrungen und Kenntnisse der Mitarbeiter in einer Personalmatrix für das Qualitätsmanagementsystem darzustellen. So können beispielsweise die berufliche Aus- und Weiterbildung und die dabei erworbenen Fähigkeiten auf drei Leveln abgebildet werden:
Level 1 =
abgesicherte Kenntnisse in der Praxis angewandt,
Level 2 =
Fortschreibung der Kenntnisse in Theorie und Praxis
Level 3 =
Experte (kann andere anleiten/Wissen weitergeben)
Bezogen auf Problemanalyse-Werkzeuge und deren Verknüpfung kann der Mitarbeiter A auf Level 1 sein, wogegen er bei speziellen Anwendungen wie FMEA oder 8D-Report auf Experten-Level sein kann. Die Vorgehensweise lässt sich problemlos auf Werkstoffe oder Verarbeitungsmethoden oder Messtechnik anwenden und so entsteht ein Gesamtbild über das vorhandene, teils nur situativ abrufbare Wissen in den Köpfen der Mitarbeiter. Neben die Dokumentation des vorhandenen Wissens tritt die Definition des strategisch benötigten Wissens in der jeweiligen Organisation mit ihren speziellen Randbedingungen (Kontext). Diese Definition kann also nicht alleinige Aufgabe eines Projektleiters sein, sondern die Aufgabe des Führungsteams insgesamt. Der Projektleiter kann aber den Prozess gestalten und Informationen zur Entscheidungsfindung liefern.

6 Termiologie

Ist es erforderlich die Begriffswelt aus ISO 9001:2015 im eigenen QM-System zu übernehmen?
Diese Frage stellte sich nach dem Erscheinen der Revision 2015 wohl für viele Unternehmen neu. Die Begriffe in der Norm wurden im Vergleich zur Ausgabe 2008 teilweise verändert. So wurde z. B. aus „dokumentierte Verfahren und Aufzeichnungen” in der Fassung von 2015 die „dokumentierte Information”. Aus „Lieferant” wurde allgemeiner „Anbieter”.
Die notwendige Überarbeitung der QM-Systeme in den Organisationen ergab sich aus den Neuerungen der Revision 2015, wie z. B. dem „risikobasierten Ansatz” oder aus dem Punkt „Wissen der Organisation”, aber nicht aus der neuen Struktur oder der speziellen Begriffswelt der internationalen Norm. Dies wird ausdrücklich in der Einleitung im Normkapitel 0.1 Allgemeines klargestellt: „Es ist nicht die Absicht dieser internationalen Norm, die Notwendigkeit zu unterstellen für
die Vereinheitlichung der Struktur unterschiedlicher Qualitätsmanagementsysteme
die Angleichung der Dokumentation an die Gliederung der internationalen Norm
die Verwendung der speziellen Terminologie dieser internationalen Norm innerhalb der Organisation.”
Somit ist das rein formal eindeutig keine Anpassung an die Begriffswelt der Norm.
Warum aber beschäftigen sich trotzdem viele Organisationen mit dieser Frage, oder entscheiden sich für eine Anpassung der Begriffe in ihrem QM-System?
Vermutlich um externen Auditoren die Arbeit zu erleichtern, da diese sich dann nicht auf die „Sprache der Organisation” einstellen müssen. Aber was ist die Konsequenz daraus? Alle Mitarbeiter oder zumindest diejenigen, die mit/in dem QM-System „leben”, sprich planen, steuern, erstellen, prüfen, überwachen, bewerten usw. müssten sich dann auf die spezielle Terminologie dieser internationalen Norm einstellen. Diese ist einerseits sehr allgemein ausgelegt, viele Organisationen (nicht nur Unternehmen) sollen sich darin wiederfinden. Andererseits ist sie auch speziell, die Qualitätswissenschaften haben mit der Gründung der ersten Lehrstühle in Deutschland (z. B. an der RWTH Aachen, Lehrstuhl für Fertigungsmesstechnik und Qualitätsmanagement, ehemals Prof. Pfeifer, jetzt Prof. Schmitt) in den 1980er-Jahren viel dazu beigetragen die Terminologie zu definieren und in einen internationalen Kontext zu bringen, der von der englischen Sprache (Deming, Crosby, Juran…) dominiert wurde.
Ob eine Organisation ihr QM-System in der Sprache der Organisation oder in der Terminologie der Norm beschreibt, ist also ihre freie Entscheidung. Je weniger techniklastig eine Organisation ist, umso wahrscheinlicher ist die Entscheidung für ein QM-System in der eigenen Sprache. Um externen Auditoren den Einstieg in die Dokumentation (ob QM-Handbuch oder HTML-Version) zu erleichtern wird häufig noch ein Glossar der Begriffe in Bezug auf die Norm erstellt.
In diesem Sinne noch der Ratschlag, nicht zu sklavisch an der Norm zu hängen, sondern das Optimum für die eigene Organisation zu realisieren. Die Mitarbeiter arbeiten ja – im Idealfall – täglich innerhalb des QM-Systems.

7 Auditchecklisten

Ist eine Auditcheckliste aus dem Netz für unser internes Audit nützlich?
Ja und Nein. Die Erstellung einer solchen Liste basiert in der Regel nicht auf einem bestimmten Unternehmen (Organisation), sondern bezieht sich auf die Anforderungen in der ISO 9001:2015. Dies wird an dem folgenden Beispiel deutlich:
Die Norm fordert unter 7.2 Kompetenz: Die Organisation muss:
a)
für Personen, die unter ihrer Aufsicht Tätigkeiten verrichten, welche die Leistung und Wirksamkeit des Qualitätsmanagementsystems beeinflussen, die erforderliche Kompetenz bestimmen;
b)
sicherstellen, dass diese Personen auf der Grundlage angemessener Ausbildung, Schulung oder Erfahrung kompetent sind
usw.
In einer Auditcheckliste findet man dazu (7.2 Kompetenz) beispielsweise entsprechende Fragen wie:
1.
Ist im QM-System dargelegt wie die erforderliche Kompetenz bestimmt wird?
2.
Gibt es dokumentierte Informationen zum Nachweis der Kompetenz?
3.
Welche Maßnahmen werden durchgeführt um die erforderliche Kompetenz zu erreichen?
4.
Ist damit die Leistung und Wirksamkeit des QM-Systems sichergestellt?
Damit hat der QMB oder der interne Auditor schon ein gewisses Hilfsmittel in der Hand, das aber in keiner Weise auf spezifische Ausprägungen seiner Organisation eingeht. Für die Erstellung eines eigenen Auditprogramms (Forderung in 9.2.2 der Norm) wird sinnvollerweise nicht die Reihenfolge der Normforderungen das Gerüst bilden, sondern die Organisationseinheit, die einem internen Audit unterzogen werden soll.
Eine gezielt dafür erarbeitete Auditfrageliste wird im Gegensatz zur Auditcheckliste konkret auf die Bedeutung unterschiedlicher Prozesse und Kompetenzanforderungen eingehen.
Deshalb meine Empfehlung: generische Auditchecklisten, wie sie oft im Internet frei verfügbar angeboten werden, mit ihren unspezifischen, rein normorientierten Fragen eignen sich (allenfalls) zur Überprüfung, ob die Transformation eines QM-Systems (ISO 9001:2008) auf die Revision 2015 nach der Dokumentationslage funktioniert hat. Auch ein ganz neu aufgebautes und dokumentiertes QM-System lässt sich damit überprüfen.
Als Hilfsmittel für die Beurteilung der Leistung und Wirksamkeit im Rahmen von internen Audits aber ist eine solche Checkliste m. E. wenig geeignet. Da sind spezifische Fragegestellungen zu berücksichtigen, die man im Rahmen der Ausarbeitung eines Auditprogramms erarbeiten muss.
Nutzen Sie die Ergebnisse der Audits zur weiteren Verbesserung der Prozesse und Erhöhung der Kundenzufriedenheit und damit des Markterfolgs.

8 Kompetenz des Qualitätsmanagers

Was braucht man, um ein kompetenter Qualitätsmanager zu werden?
Einer Antwort auf diese Frage kann man auf verschiedenen Wegen näherkommen.
Für viele geht sicher der erste Blick in die ISO 9001:2015, um daraus die notwendigen Kompetenzen zu entnehmen oder abzuleiten.
Aber lassen Sie es uns auf einem anderen Weg, dem des natürlichen Menschenverstands mit einem entsprechenden fachlichen Hintergrund versuchen. Welche Fähigkeiten, Kenntnisse und Verhaltensweisen erwarten wir bei einem Qualitätsmanager, der in einem Unternehmen oder einer anderen Organisation die Wirksamkeit des QM-Systems sicherstellen soll?
Zuerst zu den Fähigkeiten: Da es sich beim Qualitätsmanagement um eine klassische Querschnittsfunktion handelt, ist die Fähigkeit zur schriftlichen und mündlichen Kommunikation eine wesentliche Voraussetzung. Eine gewisse Überzeugungskraft (über Daten und Fakten) sowie Moderationsfähigkeit sollten ebenfalls vorhanden sein.
Die erforderlichen Kenntnisse hängen zum Teil auch von der Branche und dem Geschäftsmodell der Organisation ab. Ein zukünftiger Q-Manager in der Automobilzulieferbranche hat es mit einem Erfahrungswissen aus der Fertigung oder der Konstruktion/Entwicklung sicher leichter für seine Managementkollegen aus den anderen Funktionsbereichen ein kompetenter Ansprechpartner zu sein. Die Normen der 9000er-Reihe gehören in jeder Branche zu den Basiskenntnissen eines Q-Managers, aber dazu kommt in der Regel noch die Kenntnis spezifischer Regelwerke z. B. der ISO 13485 im Medizinproduktebereich oder von Pflegestandards im Gesundheitswesen.
Die Verhaltensweisen – auch eines Qualitätsmanagers – sind heute von besonderer Bedeutung. Ein partizipativer Führungsstil wird von den meisten Mitarbeitern erwartet, nicht Befehl und Gehorsam, sondern Betroffene zu Beteiligten machen ist gerade auch für die Wirksamkeit eines QM-Systems von hoher Bedeutung. Im Umgang wertschätzend (auch mit „Gegnern” des QM-Systems), in der Sache klar und nachdrücklich, natürlich nicht diskriminierend und gewinnend statt konfrontativ, so stellt man sich das Verhalten eines idealen Qualitätsmanagers vor. In einer Stellenanzeige werden häufig noch weitere oder andere Attribute eines künftigen Qualitätsmanagers gefordert. Zum Schluss noch in aller Kürze: Was sagt die ISO 9001:2015 dazu? Zur Kompetenz findet man unter
7.2a)
dass die erforderliche Kompetenz bestimmt werden soll und unter
7.2b)
dass diese Personen auf Grundlage angemessener Ausbildung, Schulung oder Erfahrung kompetent sind, sowie unter
7.2c)
Maßnahmen einleiten um die benötigte Kompetenz zu erwerben
7.2d)
dokumentierte Informationen als Nachweis der Kompetenz aufzubewahren.
In der Praxis haben sich die seit den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts auf Basis der Forderungen der ISO 9000 Forderungen entwickelten Lehrgänge zur Aus-und Weiterbildung von Qualitätsfachleuten sehr bewährt. Die TÜV Rheinland Akademie bietet z. B. ein modulares Lehrgangssystem u. a. mit Modulen für Auditoren, Q-Techniker und Q-Manager an. Auch das jährliche Praxisforum Qualität in Köln bietet neueste Wissensvermittlung und Erfahrungsaustausch auf praxisgerechtem Niveau.

9 QM-Handbuch

In der ISO 9001:2015 wird kein QM-Handbuch mehr gefordert. Kann unser Unternehmen jetzt generell auf QM-Dokumente verzichten?
Wenn man unter QM-Handbuch eine Papierversion versteht, so lautet die Antwort ja. Eine Papierversion ist verzichtbar, wenn die Mitarbeiter und andere vom Unternehmen selbst definierte „interessierte Parteien” andere Möglichkeiten bekommen, das QM-System einzuhalten (Mitarbeiter) bzw. es zu bewerten.
Die elektronische Form der Darlegung des QM-Systems, ggf. ergänzt durch ein knapp gefasstes (ohne Verfahrensanweisungen) gedrucktes QM-Handbuch, wird heute in vielen Organisationen angewendet. Wurden bisher bestimmte Dokumente, wie z. B. für die Audit-Durchführung, konkret gefordert, so lässt die Revision mehr Freiraum, für welche Prozesse entsprechend dokumentierte Vorgaben (maintain documented information) und Nachweise (retain documented information) erforderlich sind. Es werden dadurch in der Zukunft wahrscheinlich nicht weniger QM-Verfahrensanweisungen notwendig sein, in welcher Form auch immer.
Die Form der Darlegung war bisher schon frei, jetzt wird es noch deutlicher durch den Verzicht auf den Begriff „QM-Handbuch”. Ob als Papierversion oder unter HTML, ob als Teil einer umfassenden elektronischen Lösung im Wissensmanagement à la Wikipedia oder als eine internetfähige XML-Version – ganz ohne QM-Dokumente wird es auch in Zukunft nicht gehen. Dies wird deutlich in Normkapitel 7.5 der ISO 9001:2015. Vorgaben müssen sein, um die QM-Ziele zu erreichen, dazu ist die Dokumentation von Informationen unverzichtbar.

10 Aufbewahrungsfristen

Gibt es eine Richtlinie über die Aufbewahrungszeiten von „dokumentierten Informationen” gemäß ISO 9001:2015?
Diese Frage ist so alt wie die ISO 9001 selbst und auch immer noch berechtigt. Meines Wissens gibt es keine allgemeingültige Richtlinie über die Aufbewahrungszeiten von Vorgabe- und Nachweisdokumenten, wie es vor 2015 hieß.
Die ISO 9001:2015 verlangt zwar die Aufbewahrung von dokumentierten Informationen.
Normkapitel 4.4.2 „Die Organisation muss in erforderlichem Umfang: b) dokumentierte Informationen aufbewahren, sodass darauf vertraut werden kann”, aber über die Aufbewahrungszeiten wird auch an anderer Stelle (z. B. 7.1.5.1 ) nichts ausgesagt.
Dies ist auch logisch nachvollziehbar, wenn man sich die unterschiedlichen Gesetze, technischen Regelwerke, Vertragsvereinbarungen und sonstigen Randbedingungen für verschiedene Branchen, Produkte und Dienstleistungen sowohl national als auch international vor Augen hält.
Wenn beispielsweise ein neuer Dämmstoff für die Außenwände von Gebäuden entwickelt, geprüft und zugelassen wird, soll dann diese Entwicklungs- und Prüfdokumentation für zwei Jahre (VOB-Gewährleistung) oder fünf Jahre (BGB-Gewährleistung) oder für die gesamte Produktlebenszeit plus fünf Jahre aufbewahrt werden? Es kann aber auch sein, dass in diesem Fall die Zulassungsinstanz (z. B. die Bundesanstalt für Materialprüfung) konkrete Angaben zur Aufbewahrungsfrist gemacht hat.
Auch im Bereich der Flugzeugindustrie oder Medizintechnik scheint es plausibel zu sein, im Hersteller- und im Nutzerinteresse die Aufbewahrungszeiten von Entwicklungsergebnissen und Prüfdokumenten aus der Serie an der Produktlebenszeit fest zu machen, sofern es nicht bereits durch eine Regulierungsbehörde festgelegt wurde. Aber was ist mit Dokumenten aus dem administrativen und kaufmännischen Bereich? Unter QM-Gesichtspunkten könnten Angebote, Kalkulationen, Preislisten, Rechnungen vielleicht nach zwei oder drei Jahren gelöscht/vernichtet werden. Allerdings können Kunden oder Richtlinien der Steuerbehörden deutlich längere Aufbewahrungsfristen verlangen.
Für Dokumente in der Obhut, teilweise in der Verantwortung des QM-Bereichs (z. B. QM-Handbuch, QM-Prozesse, Prüfanweisungen, Managementreviews, QM-Audits, Kundenbeanstandungen usw.) sollte der QM-Bereich klare Aufbewahrungsfristen vorgeben. Auch dabei ist die Produktlebenszeit zu bedenken. Es sollte möglich sein, auch fünf Jahre nach Auslaufen eines Produkts, das 20 Jahre vorher entwickelt wurde, noch die qualitätssichernden Dokumente und die QM-Basis aus der Zeit von vor 25 Jahren einzusehen. Dabei ist immer vorausgesetzt, dass in solchen Fällen keine gesetzlichen oder regulatorischen Gründe dagegen sprechen.
Nach meiner Einschätzung wird bezüglich der Festlegung von Aufbewahrungsfristen zu sehr nach Forderungen Dritter geschaut, anstatt die Eigeninteressen des Herstellers zu analysieren, bei Qualitätsmängeln im Schadensfall (Ersatz, Produktrückruf, Feldausfälle) auch eine gute Herstellpraxis nachweisen zu können.

11 Qualitätsabteilung

Kann eine Organisation zertifiziert werden, ohne eine Qualitätsabteilung zu besitzen?
Bevor man auf die Zertifizierfähigkeit eingeht, muss der Begriff „Qualitätsabteilung” näher beleuchtet werden. Welche Aufgaben sind ihr zugeordnet? Qualität wird von allen Mitarbeitern einer Organisation erzeugt (oder manchmal auch nicht, davor schützt auch ein QMS nicht immer). Was bleibt dann für eine „Qualitätsabteilung”? Die Anführungszeichen sind bewusst gesetzt, um aufzuzeigen, dass hier eine Präzisierung notwendig ist. Aufgaben können z. B. die Überprüfung der erzeugten Qualität im Bereich Endkontrolle oder auch im Wareneingang sein. Diese Abteilung wird meist Abt. Qualitätskontrolle genannt.
Aufgabenstellungen, wie sie in Normkapitel 5.3 der ISO 9001:2015 aufgeführt werden, sind oft in einer Abteilung Qualitätsmanagement oder beim QM-Beauftragten (QMB) angesiedelt. Das Topmanagement muss u. a. Verantwortlichkeiten und Befugnisse festlegen, um sicherzustellen, dass das QM-System die Forderungen der ISO 9001:2015 erfüllt. Auch die Verantwortung und Befugnis für die Berichterstattung über die Wirksamkeit des QM-Systems muss benannt werden. Natürlich kann das Topmanagement diese Aufgaben auch selbst übernehmen.
Die Norm erhebt den Anspruch, sowohl für große als auch für kleine, für produzierende und dienstleistende, für gewinnorientierte wie für gemeinnützige Organisationen der geeignete Organisationsrahmen für Kundenorientierung und Qualitätsleistung zu sein. Um zur Ausgangsfrage zurückzukommen: Eine „Qualitätsabteilung” ist in der Revision 2015 nicht gefordert. Der bisher so gebräuchliche Begriff Qualitätsmanagement-Beauftragter ist sogar ganz entfallen. Welche Struktur eine Organisation wählt, ist also von einigen Parametern (s. o.) abhängig. In einem 5-Personen-Unternehmen wird sich möglicherweise der Geschäftsführer selbst als Verantwortlichen für das QM-System benennen. In einem 1000-Personen-Unternehmen ist das eher unwahrscheinlich. Die Zertifizierbarkeit einer Organisation ist also von zahlreichen Randbedingungen abhängig und nicht per se von der Existenz einer Qualitäts-(management)Abteilung.
 

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