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04170 DIN 77006 – ein Kurzprofil

von:

1 Einführung zum Management von geistigem Eigentum

Wachsende Bedeutung geistigen Eigentums
Innovationen lohnen sich für ein Unternehmen nur dann, wenn die kreativen Leistungen, die zu einer Innovation geführt haben, vor Nachahmung geschützt werden. Nicht selten gehen einer Innovation jahrelange kostenträchtige Forschungs- und Entwicklungs(F&E-)aktivitäten voraus. In der letzten Zeit ist die Bedeutung des geistigen Eigentums signifikant gewachsen. Dies lässt sich an einer weltweiten Zunahme der Schutzrechteanmeldungen erkennen. Wesentliche Treiber dabei sind die Digitalisierung und die Herausbildung neuer digitaler Geschäftsmodelle, die naturgemäß mit einem hohen Innovationsgrad verbunden ist. Dies führt wiederum zu einer steigenden Komplexität bei der Bewältigung der vielfältigen Aufgaben, die beim Umgang mit Schutzrechten anfallen. Daher empfiehlt es sich, ein Managementsystem für Schutzrechte im Unternehmen einzuführen.
Was ist geistiges Eigentum?
Geistiges Eigentum, im englischen Intellectual Property (IP) genannt, ist ein Sammelbegriff, der eine Vielzahl von Schutzrechten umfasst, darunter insbesondere
Patente
Gebrauchsmuster,
Marken,
eingetragenes Design,
Topografie und
Urheberrecht.
Auch spezifisches Know-how sowie immaterielle Vermögensgegenstände wie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse und Lizenzen können unter den Begriff Intellectual Property gefasst werden.
In der beigefügten Arbeitshilfe werden die Charakteristika der genannten Schutzrechte in einer Übersicht beschrieben.[ 04170_01.docx]
Nutzen eines Managementsystems für Schutzrechte
Ein Managementsystem für Schutzrechte (IP-Managementsystem) hilft zum einen dabei, die Wettbewerbsposition des Unternehmens zu stärken. Dies betrifft nicht nur den Schutz von Innovationen, sondern auch die Generierung von Einnahmen aus Lizenzen. Andererseits lassen sich mit einem IP-System auch Compliance-Risiken vermeiden. So entstehen mögliche Haftungsrisiken vor allem aus der fahrlässigen Verletzung fremder Schutzrechte, die Unterlassungs-, Schadensersatz-, Auskunfts- und Vernichtungsansprüche nach sich ziehen können. Ein IP-Managementsystem erbringt den Nachweis für ein rechtssicheres Handeln und ermöglicht somit, zivil- und strafrechtliche Konsequenzen von Schutzrechteverletzungsverfahren abzuwenden. Außerdem erhöht es die Reputation des Unternehmens.

2 Die DIN 77006

Managementsystemnorm
Mit der DIN 77006 [1] wurde eine Norm veröffentlicht, die es dem Anwender ermöglicht, ein wirksames IP-Managementsystem einzuführen und zu verwirklichen. Dazu enthält die Norm, die als Leitfaden konzipiert ist, Mindestanforderungen. Sie beschreibt die für das IP-Managementsystem relevanten Prozesse, überlässt deren konkrete Umsetzung jedoch den Unternehmen selbst. Die Norm schafft einen organisatorischen Rahmen für einen effektiven Umgang mit IP-Risiken und -Chancen. Sie ist nach der High Level Structure (HLS) gegliedert.
Anwendungsbereich
Die DIN 77006 richtet sich an alle Arten von Organisationen, ungeachtet ihrer Größe, Art, Tätigkeiten und Branchenzugehörigkeit. Dies sind nicht nur Unternehmen, sondern z. B. auch Patentanwälte, die Unternehmen beim IP-Management unterstützen, sowie Wirtschaftsprüfer und Forschungsinstitute. Die Norm eignet sich insbesondere für kleine und mittelgroße Unternehmen, die im Gegensatz zu Großunternehmen lediglich über eine geringe personelle und finanzielle Ressourcenausstattung verfügen.
Aufbau
Während die ersten drei Hauptabschnitte der DIN 77006 den Anwendungsbereich der Norm, normative Verweise und spezifische Begriffsdefinitionen enthalten, werden die für das IP-Managementsystem relevanten inhaltlichen Anforderungen gemäß der HLS in den Normabschnitten 4 bis 10 dargelegt:
Normabschnitte
4  
Kontext der Organisation
5  
Führung
6  
Planung
7  
Unterstützung
8  
Erbringung von IP-Leistungen
9  
Bewertung der Leistung
10  
Verbesserung
Prozessmodell
Die Struktur der Norm wird durch ein Prozessmodell abgebildet, das auf dem PDCA-Zyklus (Plan = Planen, Do = Durchführen, Check = Prüfen, Act = Handeln) basiert. Es wird in Abbildung 1 gezeigt. Die darin enthaltenen Nummern sind den entsprechenden Normenabschnitten zuzuordnen.
Abb. 1: Prozessmodell für ein IP-Managementsystem nach DIN 77006 [1]
Vorteile
Da die Struktur der DIN 77006 der HLS entspricht, ist die Norm kompatibel mit anderen Managementsystemnormen. Dies erleichtert es Unternehmen, die Anforderungen der Norm in die existenten Managementsysteme zu integrieren, insbesondere in Qualitätsmanagementsysteme nach ISO 9001. Darüber hinaus hat die DIN 77006 weitere Vorteile:
Die Sprache der Norm ist verständlich.
Die Norm konzentriert sich auf die wesentlichen Aspekte eines IP-Managementsystems.
Sie bildet die Grundlage dafür, das IP-Management strategisch im Unternehmen zu verankern.
Der (informative) Normanhang A der DIN 77006 enthält eine Vielzahl von Erläuterungen, die Hilfestellung bei der Auslegung der Anforderungen geben, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.

3 Normabschnitte der DIN 77006

Im Folgenden werden die Unterabschnitte der Normabschnitte 4 bis 10 dargestellt und erläutert:

3.1 Normabschnitt 4: Kontext der Organisation

Unterabschnitte
Der Normabschnitt 4 der DIN 77006 umfasst folgende Unterabschnitte:
4.1
Verstehen der Organisation und ihres Kontextes
4.2
Verstehen der Erfordernisse und Erwartungen interessierter Parteien
4.3
Festlegung des Anwendungsbereichs des Qualitätsmanagements im IP-Management
4.4
IP-Managementsystem und seine Prozesse
Worum geht es?
In diesem Normabschnitt geht es darum, dass das Unternehmen die Rahmenbedingungen für sein IP-Managementsystem festlegt. Dazu gehört, dass es alle relevanten internen und externen Aspekte, vor allem aber die Belange der Stakeholder berücksichtigt. Ferner hat das Unternehmen den Anwendungsbereich für das IP-Managementsystem, also die Tätigkeiten, Produkte und Dienstleistungen zu bestimmen, die Auswirkungen auf die IP-Leistung haben. Der Anwendungsbereich kann sich auf das gesamte Unternehmen, aber auch auf Teile davon beziehen. Schließlich sind Prozesse für das IP-Managementsystem zu erarbeiten, die es ermöglichen, die Anforderungen der Norm zu erfüllen.
Interessierte Parteien
Zu den Stakeholdern, die in der Norm als interessierte Parteien bezeichnet werden, gehören insbesondere:
gesetzliche und regelsetzende Behörden,
Mutter- bzw. Dachorganisationen,
Lieferanten, Auftragnehmer und Unterauftragnehmer,
Eigentümer, Anteilseigner und Auftraggeber,
Kunden, Medien, Hochschulen und Unternehmensverbände [1].
Umgang mit interessierten Parteien
Da die interessierten Parteien einen erheblichen Einfluss auf das Unternehmen ausüben können, ist es wichtig, einen Prozess zu einem systematischen Umgang mit ihnen festzulegen. Dieser Prozess beschreibt einen Regelkreis: Zunächst geht es darum, die relevanten interessierten Parteien zu identifizieren. In einem zweiten Schritt sind die identifizierten interessierten Parteien zu analysieren, bevor dann ein Maßnahmen- und Kommunikationsplan entwickelt wird, dessen Umsetzung anschließend zu überwachen ist.
Relevante Fragen
Bei der Analyse der interessierten Parteien sollten insbesondere die folgenden Fragen beantwortet werden:
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